Max Dauthendey - Weltspuk

Streift sie auch nur mit dem Finger dein Kleid Mitten im sinnlosen Straßengetriebe! Liebe fühlt fein, wie ein Nackter im Grase, Liebe im Aug' sieht den Winter noch grün, Macht auch den Waffenlosen todkühn Und trutzig dein Herz zum Prellstein der Straße. Mehr als die Weisen kann Liebe begreifen, Liebe gibt tausend Glühlampen dem Geist, Liebe hat alle Sternbahnen bereist, Liebe ist rund um das Weltall ein Reifen. Mit dem Liebe gerungen, der nur ist Ringer; Wer um Liebe gelitten, der nur hat Ruhm; Wer die Liebe verschwiegen, der nur war stumm; Wer aus Liebe gesungen, der nur war Singer. Das Leben Von den Alten zu den Jungen Muß das Leben wandern. Was du gestern noch bezwungen, bezwingen morgen schon die andern. Das Lied, das du gestern gepfiffen im Weitertraben, Will schon morgen der andern Lippen haben. Und dir entschwundene Augenblicke kannst du sehen, Wie sie im Blut der Jungen auferstehen. Darüber, seit ich's erfahre, muß ich die Hände falten, Muß leiden, daß ich mich wandle, und laß es walten. Das Leben — ach, einst da kam es umhalsend gesprungen, Jetzt grüßt es noch im Vorüberschweben und geht zu den Jungen. Vergänglichkeit Nun spinnen sich die Tage ein, Nicht einer will mehr freundlich sein, Sie müssen sich alle besinnen Auf eine Hand voll Sonnenschein Und gehen dürftig von hinnen, Wie Wasser im Sande verrinnen. Die Menschen wandern hinterdrein, Still einzeln oder still zu zwein Und sehen die Blätter verfliegen In alle vier Wände hinein. Sie möchten im Sonnenschein liegen Und müssen sich fröstelnd schmiegen. So war es tausend Jahr und mehr, Mit Blindheit kommt der Herbst daher. Gern will ihn keiner sehen, Er macht ja alle Wege leer. Er muß zur Seite gehen

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