Max Dauthendey - vita et opus

Max Dauthendey "Denn du weißt, auch das Blatt ist Geist vom Weltfestgeist" Die Lebensbahn dieses Dichters ist Wanderung; jubelnd begonnen, mit zerrissenem Herzen, in der Fremde, vergehend. 1867 wurde er in Würzburg geboren. Sein Vater war Photograph. Ehe Dauthendey freier Schriftsteller wurde, versuchte er sich in der Malerei. Er reiste, ein unruhiger Vogel, nach Schweden, nach Norwegen und Amerika. Trieb sich dann einige Zeit in München herum; ein malender Dichter. 1914 fuhr er wieder los. Nach Java. Dort wurde er von den Engländern festgehalten. Er durfte nicht mehr heim. Und dort starb er 1918. Die kleine, trunkene Flöte Dauthendeys hat in der neuen deutschen Dichtung nicht ihresgleichen. Eine eigene, ganz persönliche Flöte. In der ersten Zeit war sie wie die Weidenflöte, am Wiesenbach geschnitten, auf den Knien geklopft. Risse daran, Runzeln, hier und dort Runen, gezeichnet nach Stephan George. Und die Flöte hauchte Melodien, volksliedhaft, singsangend. Der kleine Mond, Herz, Lerche, Frühlingswind und eine Handvoll Sterne darin. Es war nicht eigentlich eine Rattenfängerflöte; aber das erste Instrument, das ein Dichter etwas zögernd, befangen an seinen Mund hob. Aber dann riß er sich los, empfand die Natur rein mystisch, alle Dinge gingen ihm entgegen wie atmende, lebendige Wesen: „Alle Dinge können denken. Nicht nur Stirnen Geist dir schenken, alle Dinge Geister lenken. Kleiner Mücken grauer Zug, Spinnwebfaden bis im Flug; jeder Grashalm denkt genug.“ Und nun verzauberte sich die Dauthendey-Flöte, wurde bunt wie aus einer deutschen Tausendundeine Nacht. Wer war Dauthendey? Ein Seliger der Farbe? Ein Tagpfauenauge? Ein Minnesänger? Die bunte Weltfestlichkeit? Abenteurer aus dem Blut heraus? Geschichtsbilderbogen? Märchen, darinnen fremde Blumen blühen, fremde Sterne schimmern? Ja, das alles war er. Ein Deutscher, der ein südliches Rosenland in unseren Norden sang. Ein Javaner, der ein Schumannlied flötete. Er war eine Farbenquelle; bezaubernd, weise, spielerisch. Eine Seele, die im brokatenen Gewande flog. Seine Grazie war bunt. Seine Melodien waren wie gemalt. Es gibt Geschichten von ihm, Dramenfetzen, die bunte, bizarre Larven tragen. Ganze Geschichten blühen exotisch auf. Kirschblüten regnen, Chrysanthemen duften. Große Schmetterlinge gaukeln vorüber, Buddhafratzen auf den Flügeln. Das alles ist nicht kulissenhaft hingemalt, sondern mit dem Herzen gesehen und gestaltet. Und Verse gibt es bei ihm; so zauberhaft wie mit einer Paradiesvogelfeder hingeschrieben. Man hat die Empfindung: Hier wühlt, hier badet ein Dichterherz im Regenbogen, bis es trieft. Die Farben bei ihm, von der Madonnenbläue bis zu den Rosen auf dem Hochzeitsbett, sie singen, musizieren, sie trompeten und duften, sie brennen, segnen und fluchen. Man sieht in manche Gedichte hinein wie in einen glänzenden Sommertag, wenn die Strahlen in den Garten schießen. Manchmal sind des Strahlen, die den Morgentau funkeln lassen, dann sind es sengende Strahlen, die über reifen Kornähren zittern.

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