Max Dauthendey - Über Sprache

Otto Julius Bierbaum (Pseudonym: Martin Möbius) schrieb einst über die Dichtung von Max Dauthendey: Maximilian Dauthendey Macht die Metrik ganz entzwei, Reime setzt er vorne dran, Daß man sie nicht merken kann, Seiner Verse Katarakt hat nicht Rhythmus, hat nicht Takt, kurz, die deutsche Poesie Purzelbaumt hier, wie noch nie. Meine Herrschaften! So was ist noch nicht dagewesen! Dieser Mann nimmt ein geschliffenes Crystallglas, steckts in den Mund, zerbeißt es, spuckt die Splitter auf den Tisch und murmelt verklärt: Sehet her und staunet an, ich habe die alte Form überwunden, und eine neue liegt vor euch, die so schön ist, daß Indianer vor Seligkeit darüber weinen müßten! Es ist kein Wunder, daß dieser Dichter eines seiner Bücher von hinten nach vorne hat drucken lassen, so daß ein naiver Leser seekrank wurde, weil er auch die Worte von rechts nach links las. Und wer wäre so primitiv, sich darüber zu wundern, daß eines seiner Dramen im Gehirne der Menschen spielt? Wahrlich, wahrlich ich sage euch: wer sich bei Dauthendey über irgend etwas wundert, ist ein Kalbsgekröse und würdig, daß dieser Dichter sein nächstes Drama in der Zirbeldrüse des Beklagenswerten spielen läßt. Sämmtliche Setzer, die die Werke Maximilians gesetzt haben, sind in der Blüte ihres Mannesalters tobsüchtig geworden; ein Backsteinkäs, den man in das Drama hineinzuwickeln die Unvorsichtigkeit hatte, wurde ultraviolett und roch plötzlich nach Veilchen. Maximilian selber aber ist ganz gesund. Martin Möbius Otto Julius Bierbaum - 1865-1910 in: STECKBRIEFE erlassen hinter dreißig literarischen Uebelthätern gemeingefährlicher Natur von Martin Möbius mit den getreuen Bildnissen der Dreißig versehen von Bruno Paul Erstes bis Drittes Tausend im Verlage Schuster und Loeffler Berlin und Leipzig 1900

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