Max Dauthendey - Weltspuk
Im falben Mondschein ist Herbst jetzt im Wald, Wo grün der Sommer noch gestern war, Sind Bäume wie Köpfe mit finsterem Haar. Ich geh' auf den krummen Schultern Der stummen Erde, Ich sehe meine Gebärde irgendwo, Sie treibt eine Herde von fremden Gebärden Vor sich hin, und ist nicht traurig und ist nicht froh. Die Nacht hat Sorge«. Sie muß sich stets Vom Tag etwas borgen. Sie sendet die Seelen der Schwalben und Spatzen Im Traum hinaus, läßt sie Traummücken fangen, Und die Nacht läßt sich atzen. Was haben die Flußfeuer ausgedacht? Sie haben ein Feuer im Fluß angemacht. Eine Kerze im Fenster am Berggipfel oben Hat Feuer ins Wasser unten geschoben. Jemand an das Wasser anklopft Mit einer Hand, an der Feuer tropft. Weil er keinen Eingang fand, wird mir bang; Seine Fingernägel wachsen, Wachsen wie die Nägel der Toten in Gräbern lang. Ach ja, die weißen Toten find die Feinde vom roten Blut, Weil Neid zum Leben am wehesten tut. Ich backe aus dem Mond mir gern ein Brot, Esse Scheibe um Scheibe, Und trage, wie's Jahr, zwölf Monde im Leibe. Hunger gibt dir auf alles ein Recht, Und nur dem wird's schlecht Und wird's übel genommen, Der nie will zu seinem Hunger kommen. Hunger ist nicht zu trauen, Hunger läßt nicht mit sich handeln, Hunger kann dich zerkauen und in Erde verwandeln. So sind die Worte der Schlauen. Aber die WoIkenlosen, Die mit bloßen Füßen im Mondschein gehen Und mit den Ohren an Sterne anstoßen, Fragen: "Wer hat das Wort Hunger genannt? Wir haben dies Wörtlein nie gekannt." Nimm sie beim Wort, der Mond geht heim. Kaum zog er sich ohne Seil hinauf, Dauert's kein Weil', biegt er sich ins Geäst hinein, Liegt er wie ein Ei bei dem Baum, Wie ein bleierner Hauf. Tauben und Sonne Über den Dorfdächern lebt nur der Rauch gekräuselt, Und ein Windzug in einer herbstlichen Baumkrone säuselt,
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