Max Dauthendey - Weltspuk
Die Sonne ist hinter Nebel gestellt Und läßt sich tagelang suchen. Vielleicht sind auch mal die Tage gezählt, Die mir zum Küssen gegeben, Weil Tag um Tag vom Jahr abfällt Und Jahr um Jahr vom Leben. Der Wald fällt ein Den Waldweg decken Holzblätter, die braunen; Herbstsonne scheint blau in die Nebeldaunen. Jede Buche brennt gelb wie ein Leuchter zur Schau, Und sie blitzen am Mittag noch nächtlich voll Tau. Das Walddach zeigt rote und blaugelbe Ritzen, Als ob scheckige Vögel im Astwerk sitzen. Und manchmal, da regt es sich Dunkel am Dach, Und du siehst einem handgroßen Schatten nach; Weißt nicht, war's ein Vogel, oder war es en« Blatt, Das sich in die Nebel verloren hat; Du fühlst nur inmitten im messingnen Laub, Fällt Lautloses auf dich wie Steine so taub. Und die blaue Sonne auf nebelnden Wegen, Die darf sich kaum mehr an ein Blatt anlegen. Der Wald wurde schattenlos, hell ein Raum, Als steckt jetzt statt Laub klares Glaswerk am Baum. Beim leisesten Blick schon das Glas zerbricht, Der Wald fällt ein vor deinem Gesicht. — Mal auch dein Herz wie Glas sich fühlt, Dein Herz, das sich am Wald einst gekühlt, Und es wird wie ein Blatt zerbrechlich ermatten, War ein Singvogel einst und wird ein Schatten. Die Bäume ersticken Die Nebel wollen die Bäume ersticken, Die Nebel, die sich gleich Stricken rollen. Der Ahorn steht gelb mit sterbenden Blicken Bei den Nebeln, die ihn würgen sollen. Die Sonne hängt fern und verschollen, Wie ein Ahornblatt matt und verquollen. Und der Nebel drängt wie Gewürm in den Raum, Er beschleicht wie ein Raubtier Berg und Baum. Und dein Menschenauge muß sich drein finden, Daß die Dinge erscheinen und wieder verschwinden, Daß die Bäume sich plötzlich wie Wolken entrücken. Wie aus Bilderstücken eilt Mosaik, Entsteht und zerfällt auch dein Geschick.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjA3NjY=