Max Dauthendey - Weltspuk
Und Leid erwacht. Und Lust im Leid — Mehr bringt sie nicht, die lange Nacht. Jetzt ist es Herbst Jetzt ist es Herbst, Die Welt ward weit, Die Berge öffnen ihre Arme Und reichen dir Unendlichkeit. Kein Wunsch, kein Wuchs ist mehr im Laub, Die Bäume sehen in den Staub, Sie lauschen auf den Schritt der Zeit, Jetzt ist es Herbst, das Herz ward weit. Das Herz, das viel gewandert ist, Das sich verjüngt mit Lust und List, Das Herz muß gleich den Bäumen lauschen Und Blicke mit dem Staube tauschen. Es hat geküßt, ahnt seine Frist, Das Laub fällt hin, das Herz vergißt. Wir gehen wie zur Frühlingsstunde Die gelbe Sonnenblumenschar schaut über lange Zäune, Und letzter Scharlachmohn beleuchtet rot die Ackerbräune. Unter den Bäumen bei der nassen Straß' Liegen die Zwetschgen blau im grünspangrünen Gras. Ein gilbend Stoppelfeld daneben tot im Abend ruht, Und fern in weiße Nebel kriecht der Sonne Glut. Wir gehen, wie zur Frühlingsstunde, am blaugefrornen Kohlfeld hin. Bewundern die Vergänglichkeit nur mit den Augen und dem Munde, Denn unvergänglich ohne Jahreszeit glüht uns im Blut der Liebessinn. Du leuchtest mehr als die Zwölfuhrsonne Zum Zwölfuhrschlag im Herbsttag stand die Sonne blaß und schief. Aber, Geliebte, dein Auge, das über das braune Kartoffelfeld lief, Fand noch letzte Mohnblumen rote und Kornblumen blau, Und dein goldgelb Haargelock stand vor ihnen zur Schau, Wie von den Sommerfeldern der Juliährenschein. Und dein Sommerhaupt leuchtete mehr als die Zwölfuhrsonne in den Herbsttag hinein. Du bücktest dich über Mohn und Kornblume tief, Als ob euch drei ein verliebter Sommergedank' zusammenrief, Indes der Herbstmittag im fauligen Kartoffelgerank um euch stand voll Nebelgetrief.
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