Max Dauthendey - Sehnsucht

Strahlen, Knospen, Lüfte singen, Schwingen in friedelinden Akkorden, Mitten im goldenharmonischen Liede Stehen wir Menschen a l l e i n. Allein in eigen kreisender Welt, Mit unseren eigen steigenden Sonnen, Mit unseren eigen schweigenden Nächten. Das weisse Frühlingsbild noch schärfer, kalt silbern. Draussen grüne Erde, blaue Wolken, weisse Sternenräume, Blühen in ätherkühlem Geträume, Nie schatten dort wühlende Mühen und Sorgen, Nur in uns Menschen ein ruhloses Glühen, Nur Du Mensch abseits im nackten Allein. Der weisse Frühlingsgarten blendet stechend eisweiss. Dies "Allein" zu durchbrechen Glühst Du Pulse in Pulse, Saugst Dich mit Lippen, Augen, Adern Zur tiefsten Welle des fremden Herzens. Dringst Du ein? Wirst Du eins? Jeder Dein Pulsschlag kündet: - D u b l i e b s t a l l e i n ! - O die Sinne schließen, Jäh dunkel verlöscht das weisse Frühlingsbild. Finster gekrampft das Gehirn. Nicht die Narben sehen, Nicht der Enttäuschung eiterndes Fliessen, Nicht das Wüten der Sehnsuchtsheere. Schwerschwarze Stille. Sacht, allmählich schluchzen linde Harfen. Die hartfinstern Wolkentiefen lösen sich sammten grauroth. GESANG DER SEHNSUCHT O blutlos durch daunende Träume gehen. Spurlos ein Leben der Perlen leben. Im raunenden Schein, im Grunde der Meere Wo niemals herbe Stimmen gellen, Schwellen im Silbermunde der Muschel, Milchblass im Roth der Korallenzweige, Schweben im Schweigen der Tiefe.

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