Max Dauthendey - Singsangbuch - Liebesgedichte
Die Nelken glühen auf allen Altanen Das Laub gibt sich dem Abend hin, Nur Wolken prunkend ans Fenster ziehn, Die sind so feurig anzuschauen Wie kleiderlose schöne Frauen. Wie Frauen, die nach Freiern fahnen, Sehn sie dem Abend brennend entgegen. Die Nelken glühen auf allen Altanen, Zur Nacht werden auch die Blumen verwegen. Und sonst so bescheidene Fensterscheiben, Die werfen's Gold hell auf die Straßen. Kein Stübchen will nachts ärmlich bleiben. Vier Wände können all' Lust umfassen. Abenddunkel im Tann Kommt's Abenddunkel in den Tann, Dann jede Tanne spuken kann. Am Tag da sangen goldene Ammern Drin in den finstern Nadelkammern. Und als ob man getanzt da hätte, So ist am Boden noch die Glätte. Von Kleidern einer Mädchenschar Hängt's Spinnlein Fäden mir ins Haar, Wie eines Ärmels weißer Zipfel Steckt noch der Mond am Tannengipfel. Es möchte, könnt es mir gelingen,
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