Max Dauthendey - Haus im Guggelesgraben 37

Bauernfenstern einfach und schlicht unter alten und jungen Bäumen hinein in einen Rosengarten, der sich an einem Hügel hinaufzieht. Zwischen Kartoffel- und Kleefeldern schiebt sich mein Garten bergan, darin ich sanft ansteigende Wege und Pfade ziehen ließ, hinauf zu einem unter Baumschatten liegenden Rundplatz am Berge. Ich hatte mich so viel in Bau- und Gartengedanken die zwei letzten Jahre vorher vertieft, daß ich nach dem Einzug ins Häuschen dort nicht zufrieden war, denn ich ging mit Augen umher wie ein Hausmeister, der das ganze viel zu viel bewacht, und war noch nicht zum selbstverständlichen Besitzer geworden. Im Garten blühten meine dreihundert Rosenbüsche, auch viele Stachelbeer- und Johannisbeersträucher, Pfirsichbäumchen, Apfelspaliere und Kirschen. Vor dem Häuschen in einem langen Buchsbaumbeet leuchteten Fuchsien, Nelken, Hortensien und blühende Rosenbäume, letztere höher als ich selber. Das Häuschen, in zartgelbem Ton gehalten, schaut über Blumen und über ein langes grünes hölzernes Gartengitter den Hügel hinunter zum tiefen bewaldeten Guckelesgraben, darinnen Eichen und Espen stehen und in den Haselbüschen Amseln und Schwarzplättchen nisten. Gegen Süden aber liegt als Aussicht schwerer Wald auf sanften Hügeln, der große, tiefe Guttenberger Wald, der sich über Hügel bis an den Himmelsrand fortzieht und nie zu enden scheint mit seinen weichen Buchen und harten Eichen, mit Tannenständen, dunkeln und lichten Birkenplätzen. Dahinter weiß ich stille, alte fränkische Dörfer, wo die Kühe so gut und herzlich gepflegt werden, wie die katholische Madonna in der Zimmerecke, vor der das Weihwasserschälchen steht und am Bilderrahmen der Osterkätzchenstrauß steckt, der gegen Blitzfeuer im Haus und im Herzen schützen soll. Der Kuckuck rief, und ich lag in meinem neuen und doch so altmodischen Blumen- und Obstgarten und sah Tag für Tag zu, wie das Gras wuchs auf dem braunen Boden, sein grün dem stillen Frühlingssonnenschein entgegen. Im Oberstock in einem Stübchen bei meinem Schreibzimmer hatte ein Schwarzplättchenpärchen hinter einem offnen Fensterflügel sein Nest gebaut. Ich hatte das Zimmerchen abgeschlossen und ließ die beiden verliebten ungestört ihrer Lebenslust leben. Nach einigen Wochen waren Junge ausgeflogen. Ich sah es unten vom Garten. Als ich den Zimmerraum vorsichtig betrat, da lag im feingeflochtenen Nest hinterm Fenster noch ein einziges übriggebliebenes winziges, grünliches Ei. Das hatten sie mir zum Andenken geschenkt. Sie ließen es, es war wahrscheinlich unfruchtbar und nicht ausbrütbar. Diese waren meine kleinen Waldfreuden.

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