Max Dauthendey - Der Geist meines Vaters
zur Frau und der Frau zum Manne, das ist die Anbetung der Liebesfreude»Als zweite: die Anbetung des Vaterlandes, der Erde, des Weltalls und aller Leben und ihrer Lebensarbeit, das ist die Anbetung der Lebensfreude. Und endlich als dritte: die Anbetung der Vergangenheit, der Ahnen und der Toten. Aus diesem dreifachen Geist dreifacher Anbetung ergibt sich für mich die Anbetung des Weltgeistes. Der Mensch, der durchdrungen von dieser heiligen Dreiheit lebt, lebt im Sinne des Weltgeistes und vollkommen glücklich und im Einklang und Takt mit der Weltmaschine. – Ich habe da noch eine kleine nur handgroße Spieldose meines Vaters. Die zog er immer am Weihnachtsabend auf und ließ sie unter dem lichterbesteckten Tannenbaum spielen. Ihm und mir machte es viel Freude, durch den Glasdeckel ins Innere der Dose zu schauen und der kleinen Messingwalze da drinnen zuzusehen, die mit winzigen Stahlstacheln besetzt ist und die sich dreht und mit den Stacheln die Melodie an feinen Stahlzungen anschlägt. Ich lasse gern diese feinen stählernen Zungen noch heute für mich singen. Draußen stürmt fortgesetzt die Frühlingsluft, als fordere sie die Weinberge zum Tanzen auf. Frühlingsgrün blinkt vor meinem Fenster am Fluß wie ein zartes nacktes Kindlein, vom Himmel gefallen in die Krippe des Maintals. Ich habe die alte Spieldose aufgezogen. Die lebt und lockt mir in den kühlen, wolkengrauen Frühlingstag warme Lichtfeste ins Zimmer und den Geist meines Vaters, der über alten und neuen Dingen
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