Max Dauthendey - Das Iguanodon
unversehens eben umarmt und geküßt hatte. Die eine, die Altere, drohte hinter ihm her mit ihrem Holzpantoffel, die andere hatte noch seine Mütze in der Hand, die sie ihm wahrscheinlich vom Kopf gerissen hatte, und sie schleuderte die Kappe dem Fortstürmenden mit einem kreischenden Zuruf nach. Ich war verblüfft über die Häßlichkeit des Zwerggeschöpfes, das sich so männlich und so kindlich zu gleicher Zeit gebärden konnte, und das sich jetzt aus der Ferne umschaute, seine Mütze an sich riß und den Frauen die Zunge herausstreckte. Ein wenig weiter fort begegnete ich einem kleinen verwachsenen Weib, das einen melonengroßen Kopf hatte. Die Frau reichte mir nicht bis zur Hüfte. Einen Krug trug sie in der Hand, den sie kaum schleppen konnte. Überall sah ich ähnliche Wesen. Neben den gut gewachsenen Gestalten unter den Ladentüren und in den Werkstätten stand oder saß oder schabernakte ein koboldartiges Zwergwesen. Es schien mir, als sei jede Familie mit solch einem Geschenk der Hölle belastet. Ich war bei meinem Weg durch die Gasse an alten eisernen kleinen Türen vorübergekommen. Die waren nur eine rostige Masse. Das verwitterte Eisen schälte sich wie die Rinde von Bäumen. Über die Türschlösser und Angeln und über das Gitter des Guckloches hingen verfilzte Spinnweben. Ganze Familien von großen Kreuzspinnen hausten da seit Jahrhunderten ungestört. Auch waren da ebenso zugesponnene und mit rostigen Gittern versehene, alte, erblindete Fenstervierecke. An die grauen Mauern dort waren mit Rötelstift und Kohle unflätige, brünstige Bilder mit ein paar Linien hingezeichnet, Bilder, wie sie nur in den Hirnen dieser ungebändigten und verwilderten Krüppelgestalten
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