Max Dauthendey - Das Iguanodon

draußen mitten in der Seefläche auftaucht und bis in die Fenster des Hotels hereinleuchtet und auch kalkweiß über die Gesichter derer hinstreicht, die am Seeufer im Dunkeln einen Abendweg machen. Der Lichtstrahl sticht Nacht um Nacht an den beiden Seiten der Felsenwände hoch, die den See einschließen, und zeichnet für Sekunden scharf jeden Olivenbaum, jeden Ziegel der einsamsten Hütte am Felsengehäng und haut, wie ein weißes Schwert zertrennend, einen weißen Keil in die Finsternis. Ich mußte immer an das Flammenschwert denken, das den Eingang zum Paradies bewacht, wenn dieser Lichtstrahl unermüdlich Wasser und Gebirge bestrich in allen Stunden der Nacht. Ich erfuhr dann, daß jenes spukhafte Licht von den Scheinwerfern der kleinen italienischen Wachtschiffe kam, die dort, wo die Grenze von Italien quer über den See geht, in jeder Nacht hin und her fuhren, die Bergscheide und das Wasser nach Schmugglern abzuleuchten. Denn Tabak und Zucker wurden gern zur Nachtzeit von Österreich nach Italien über die Grenze geschleppt. Die Station dieser Nachtboote befand sich in jenem kleinen Ort, zu dem ich wollte, den die Dampfschiffe nur kurz bei der Rundfahrt um den See berühren, den nur manchmal einige Segelboote von Riva aus besuchen, und in dem sich noch kein Fremdengetriebe breit machte. Hart bei jenem Ort, ehe man um einen Felsenabhang segelte, zog sich, an Zitronengärten vorbei, die italienische Grenze hin. Dieses berichtete mir der Schiffer während der Segelfahrt und nannte mir den Namen des Ortes, der Limone heißt, dahin er mich jetzt bringen sollte. In der Seemitte packte plötzlich einer jener Sturmwinde unser Boot, die

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