Max Dauthendey - Der japanische Holzschnitt

17 Ukiyo-e. Vom japanischen Holzschnitt zum deutschsprachigen Text Diese politische Entwicklung in Japan hat weitreichende Folgen für die Kultur der europäischen Länder, unter denen Frankreich und Deutschland hervorzuheben sind. Während der wirtschaftliche und kulturelle Austausch mit China bereits vor dem 18. Jahrhundert eingesetzt hatte, wodurch über das Land und die Kultur Chinas vie- les bekannt war, erzeugt die Öffnung Japans nun eine große Neugier an diesem Land und seiner Kultur (vgl. Schwan 2003: 3 und Schulenburg 2012: 29). 2 Dem kulturellen Austausch leisten zunächst französische Maler und deutschsprachige Autoren Vor- schub, wodurch in England, Frankreich, Deutschland und Österreich von der Bewe- gung des Japonismus gesprochen wird (vgl. Berger 1980: 7). 3 Edmond de Goncourt bezeichnet den Japonismus 1884 als „Revolution im Sehen der europäischen Völker“ (zitiert nach Berger 1980: 7). Die ästhetische Faszination wird durch die Präsentation von japanischen Holzschnitten auf den Weltausstellungen ab Mitte des 19. Jahrhun- derts noch angefeuert (vgl. Irvine 2013: 24). 4 Die japanische Kunst wirkt mit ihren Darstellungen und Farben überwältigend (vgl. Schmidhofer 2010: 27). 5 So avanciert der niederländische Maler Vincent van Gogh zu einem der ersten Sammler japani- scher Bilder, insbesondere von Holzschnitten (vgl. Rüger 2013: 13f.). Die japanische Kunst bietet zahlreiche Techniken und Farbgebungsverfahren, die in Europa neuartig erscheinen. Besonders die Technik und Wirkung der japanischen Farbholzschnitte ukiyo-e fasziniert die europäischen Künstler und Dichter. Übersetzt bedeutet ukiyo-e „Darstellung der vergnüglichenWelt“ (Linhart 2014) oder auch „die Bilder der fließenden Welt“ (Schulenburg 2012: 29). Ukiyo-e bezieht sich auf eine japanische Kunstschule, die im 18. Jahrhundert unter dem Maler Harunobu zahl- reiche Innovationen erfahren hat. Von der Schulenburg beschreibt die Technik des Holzschnittes: „Sie [die Blockdrucke] wurden zunächst mit einem einzigen Holzblock in Schwarzdruck erstellt und anschließend oftmals von Hand mit wenigen Farben koloriert. Mitte des 18. Jahrhunderts entwickelten Künstler wie Suzuki Harunobu (1725–1770) erstmals farbige Mehrplattdrucke, womit sich der Siegeszug dieser Populärkunst beschleunigte. […] Die uns bekannten Namen sind die Zeichner, deren auf dünnem Papier erstellte Entwürfe rückseitig auf Holzplatten aufgeklebt wurden – als Orientierung für den Plattenschneider. Der Drucker schuf jeweils so viele Abzüge, wie sich verkaufen ließen.“ (Schulenburg 2012: 29) Harunobu revolutioniert die Technik des Farbholzschnittes im Jahr 1764, indem er verschiedenfarbige Druckstöcke einführt. Diese Druckstöcke erzeugen eine Far- bintensivierung gegenüber den zuvor handkolorierten Schnitten. Motivisch orientie- ren sich die Holzschnitte an der japanischen Genremalerei (vgl. Bazin 1971: 604). Es werden meistens Alltagsszenen oder „Schauspieler- und Kurtisanenporträts, Genre- darstellungen aus den Vergnügungsvierteln der Städte oder auch Ansichten berühm- ter Orte […]“ (Schulenburg 2012: 29) gezeigt. Durch diese Motive war der Holz- schnitt in Japan bereits im 18. und 19. Jahrhundert in Verruf geraten. Das sollte sich wieder ändern, als er sich ab den 1840er Jahren zumMedium der politischen Karika- tur in Japan entwickelt. Die Meiji-Renovation setzt die Tenpo-Wirtschaftsreform in Kraft, die ein Sparprogramm und Redeverbote mit sich bringt. Der Japanologe Sepp

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