Max Dauthendey - Der japanische Holzschnitt
16 ŠTÚDIE / ARTicles World Literature Studies 1 vol. 7 2015 (16 – 32) Ukiyo-e. Vom japanischen Holzschnitt zum deutschsprachigen Text – Eine intermediale und transkulturelle Kunstadaption* Sang-Bum Chin – Michael Mayer Der japanische Holzschnitt – eine Vorbemerkung Am 31. März 1854 endet für Japan eine über 200-jährige Abschottung von westli- chen Ländern. Es ist der Vertrag von Kanagawa, der an diesem Tag unterzeichnet wird, und es amerikanischen Schiffen erlaubt, japanische Häfen anzufahren. Seit- dem die Tokugawa-Dynastie mit der Ausweisung aller Fremden und dem Ausrei- severbot für Japaner im Jahr 1639 die Abschließung Japans besiegelt hatte, machte das Land eine isolierte Entwicklung durch und es fand kaumHandel mit westlichen Ländern statt (Müller 2006: 221f). Der 31. März 1854 markiert eine Wende in der japanischen Politik, welche die Herrschaft der Tokugawa Familie beenden soll. Am 3. Januar 1868 übernimmt Mutsuhito das „Shogunat“ und die Regierungsgeschäfte. Damit wird die sogenannte Meiji-Renovation (jap. Meiji ishin) eingeleitet, die die Wiederherstellung und Sicherung einer kaiserlichen Regierung als ihr Ziel erklärt, aber auch eine stärkere Öffnung Japans für westliche Länder anstrebt. Nachdem Amerika die Öffnung der Häfen erzwungen hatte, folgen ähnliche Verträge mit Großbritannien (1854), Russland (1855), den Niederlanden (1856) und 1861 auch mit Frankreich und Preußen (Müller 2006: 240). Zunächst wird die Herrschaft des Kaisers Mutsuhito durch einen Bürgerkrieg mit den Anhängern der Tokuwaga her- ausgefordert. Am 9. Februar 1869 stellen sich die westlichen Mächte, die noch ein Jahr zuvor ihre Neutralität erklärt hatten, auf die Seite des neuen Kaisers. 1 Der Bür- gerkrieg zwischen Gegnern und Anhängern des Kaisers erweist sich für die Kunst- form des japanischen Farbholzschnittes oder -druckes als katalysierende Zeit, ent- stehen doch „von Frühling bis Herbst 1869 […] etwa 100 Farbholzdrucke“ (Zöllner 2009: 188). Dabei ist der japanische Künstler Utawaga Hiroshige III (1842–1894) hervorzuheben, dessen farbige Holzdrucke häufig Streitereien unter Kindern zei- gen, wie zum Beispiel der Holzschnitt Kinder-Schlammschlacht von 1868 (vgl. Zöllner 2009:18), um das Geschehen des Bürgerkriegs ohne direkte Darstellung zu vermitteln. Damit wird bereits eine zentrale Eigenschaft dieser Kunstform deutlich, indem das zentrale Motiv oder das Thema häufig verstellt oder codiert gezeigt wird. Der japanische Holzschnitt verlangt vom Betrachter eine Encodie- rung, was diesem auf Basis des jeweiligen kulturellen Wissens gelingen kann. * This paper was supported by research funds of Chonbuk National University in 2012.
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